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Banksy – Exit through the Gift Shop

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V-Effekte satt!

15.11.2010

Herr Brecht hätte seine Freunde an diesem Film. Der V-Effekt feiert fröhliche Urständ. Die Verfremdung und Verschleierung ist komplett. Ein Fest für den Geist des Zuschauers, der ständig nachdenken muss, auf welcher Ebene er sich befindet und ob er gerade auf´s Glatteis geführt wird oder den Bildern trauen kann. Was vordergründig als Dokumentarfilm daher kommt, ist in Wahrheit ein geschickt inszenierter Spielfilm. Aber das merkt man erst im Laufe der Zeit, wo der Film schon recht weit gediehen ist.

Der Clou aber ist, dass in dem Spielfilm, der sich als Dokumentarfilm tarnt, auf einer höheren Ebene doch wieder ein Dokumentarfilm drin steckt, nur eben über eine ganz andere Person als man zuerst glaubt. Der wirklich Portraitierte ist nicht Thierry, sondern Banksy, der in seinem eigenen Film eine Nebenrolle spielt. Zu sehen ist er allerdings dabei nicht, nur eine leere schwarze Kapuze, wie bei den legendären schwarzen Reitern aus dem Herrn der Ringe. Und real zu hören ist er auch nicht, nur eine verzerrte Stimme, wie beim Enthüllungsfernsehen, wenn unerkannte Zeugen gefilmt werden. Das letzte Geheimnis wird nicht gelüftet. Wer Banksy –immerhin eine reale Person, ein realer Künstler- wirklich ist, bleibt offen und geheim. Auch die innereste Matrioschka des Films, die Doku über den Künstler und Regisseur Banksy, löst also keine Rätsel, sondern schafft neue Geheimnisse.

Spannend für den Kopf ist der Film also allemal. Obendrein hat „Exit through the Gift shop“ fast alles, was ein guter Film braucht: gute Musik, fulminante Bilder, Spannung, Action, Komik, das Eintauchen in fremde Welten. Wie die Streetartkünstler in der Nacht die Stadt erobern, mit der Polizei Katz und Maus spielen, wie sie ihr Leben auf fremden Dächern riskieren, ist faszinierend zu sehen.

Ganz nebenbei kommt auch raus, das die Streetartkünstler nicht nur (oder jedenfalls nicht primär) ihr eigenes Ego bedienen. Anders als beim Sprayer, der nur das eigene Tack als Zeichen „ich war hier“ für Eingeweihte hinterlässt, haben Leute wie Banksy auch eine Botschaft. Und einen demokratischen Ansatz, Kunst in den öffentlichen Raum zu bringen, mitten unters Volk sozusagen.

Auch im Detail spielt Banksy mit den Ebenen. Er ist ein Meister des schöpferischen Zitats. Von Andy Warhole klaut er souverän die Maoköpfe, um sie dann im gleichen Stil als Kopf von Madonna wieder auferstehen zu lassen. Und von Beuys klaut er die Idee der Vergänglichkeit des Kunstwerkes. So wie Beuys verrottende Lebensmittel ins Bild einbezog, scheut sich Banksy nicht, sein schlampig hingeklebtes Spraybild dem Vandalismus des öffentlichen Raumes auszusetzen.

Ganz locker, so nebenbei zeigt der Film auch die Gesetze des Kunstmarktes, die innere Verflechtung von Kunst und Verkaufsstrategie. Wer verrückt genug ist, frei von Selbstzweifeln und es groß genug aufzieht, der wird Erfolg haben auf diesem Markt. Auch hier zeigt sich wieder das verwirrende Spiel der Ebenen. Banksy führt schonungslos die Gesetze des Kunstmarktes vor, offenbart aber zugleich freimütig, dass er selbst ein Teil davon ist. Das letztere hat ihm viele Feinde in der Streetartszene eingebracht, aber der Vorwurf, dass der Künstler seine Seele für Mammon verkauft hat, ist so alt wie die Kunst selbst. Natürlich ist es das Gesetz des Kunstmarkts: jetzt, wo es einen Film über Banksy und seine Street Art gibt, werden die Preise seiner Graffitti in die Höhe schnellen. Welche Ironie der Geschichte, erst wollen die Hauseigentümer die Graffitti vom Haus abkratzen, dann ist sie mehr wert als das Haus, an dem sie kleben. Man wird ganz schwindelig, wenn man das zuende denkt.

Also, der Film ist eine Lust für alle Sinne. Nur einen Taschentuchfilm darf man halt nicht erwarten. Dafür modernstes Kino vom Feinsten. Unter den Zuschauern waren viele aus der Kunst- und Sprayerszene. Der Film hätte auch anderes Publikum verdient; auch Herr Brecht hätte postum seine Freunde daran. Und den Namen Banksy wird man sich merken müssen. Der kann was.

Antonia

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Blick durch das Schlüsselloch

09.03.2010

Wenn man ganz hoch greifen wollte, könnte man Cacoyannis "Zorba the Greek" als Vergleich nehmen. Wie dort Geht es hier um Liebe, Freundschaft, Beziehung, Verrat, Gewalt und das Scheitern eines Lebensplanes. Aber was bei Sorbas im Detail, detailliert wie in einem Roman seziert wird, bleibt hier reine Skizze; alles wird nur angetippt, leicht und beschwingt, gut getragen von den heißen Rythmen des Hip-Hop und Salsa. Irgendwo in Brasilien gibt es eine Favela, eine Vorstadt mit viel Drogen, Gangs, Kriminalität, Hoffnungslosigkeit aber auch voller Träume. Die einen scheitern im Gefängnis, die anderen an der Schwangerschaft, wieder andere an dummen Zerwürfnissen. Es ist ein interessanter Schlüssellochblick in eine fremde Welt. Zwei Schauspielerinnen aus dem Film waren bei der Vorstellung da, am Ende glaubten alle, sie seien Mitglieder der Band Antonia, die da gezeigt wurde. Wie authentisch das ganze wirkte, offenbarte sich, als das Publik mit einem gewissen Quentchen Enttäuschung und traurigem Murren hören musste, dass es die Band gar nicht gibt, der Plot also rein fiktiv war. Auch das ist freilich ein Zeichen, wie gut die Atmosphäre eingefangen war.Es schien so echt...

Ganz nebenbei zeigte der Film eine Art neuen Feminismus, nicht den interlektuellen und verjüngferlichten der 70iger Jahre, sondern einen ganz neuen, vitalen aber auch beängstigenden, einen Feminismus der Fäuste, des gewalttätigen Übermuts. So eine Art feministischer Gängsta-Diskurs. Bald kommt sicher ein/e Theoretiker/in, die das für cool und modern erklärt. Dann wird Hinterherpfeifen und Anmache lebensgefährlich, wie im Film.

In einem Rap der fiktiven Antonia-Band hießt es in diesem Sinne:

" I won´t give up.
Nobody can stand in my way,
as long as I can fight.
Nothing can stop me!"

Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen

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IRGENDWAS FEHLT

18.10.2009

Es war eine großartige Idee, über eine bedeutende und mystische Gestalt des Mittelalters einen Film zu machen, nachdem Luther, Columbus und der Glöckner von Notre Dame schon vergeben waren. Noch reizvoller wurde die Idee dadurch, dass es hier um eine Frau im Mittelalter geht, sogar um eine Frau, die widerborstig, punktuell sogar rebellisch war, Mut vor den Thronen zeigte. Dass diese außergewöhnliche Frau dann auch noch mit der Natur und den Pflanzen lebte und trance-ähnliche Visionen erfuhr, macht die Geschichte für den Zeitgeist noch interessanter.

In Zeiten, in denen die Menschen an UFO´s, und Wiedergeburten glauben, wo selbst die Geschichte einer angeblich von Aliens geschwängerten Amerikanerin noch ihren Markt findet, in solchen Zeichen findet auch die Geschichte einer Nonne Gehör, die das Gotteszeichen aus den Wolken herabbrennen sieht und ihre Inspirationen direkt von Gott erhält.

Ganz nebenbei: da merkt man, wie die Zeit sich verändert hat. Vor 20-30 Jahren wäre der Film schon wegen der einen Szene belächelt worden und durchgefallen, wo das pennälerhaft gemalte Gottesauge aus den Wolken herabschaut. Heute will man so was aber irgendwie sehen.

Soweit so gut. Aber trotz des in die Zeit passenden Themas wird dann doch kein packender, bewegender Film draus. An den Schauspielern liegt es allerdings nicht. Insbesondere die Sukowa spielt eindrücklich und überzeugend, auch die Nonnen und Mönche um sie herum. Auch am Kameramann liegt es nicht, seine Bilder sind schön und die Stimmung der engen klösterlichen Welt wird gut getroffen. Ebenso ist der Plot gar nicht schlecht, solange er versucht, die Gesellschaft der damaligen Zeit einzufangen. Auch damals gab es offenbar die Hierarchien von Oben und unten , die Macht des Geldes, die kleinen Gemeinheiten der Mächtigen, die Seilschaften, die Schwächen des menschlichen Geistes und des Fleisches. Nichts neues also unter dem Himmel von damals bis Dallas, das kommt schon gut rüber. Alle diese Themen im Kolorit des Mittelalters vorzuführen, das Mittelalter so modern und nachvollziehbar zu zeigen, ist sicher eine Stärke des Films.

Aber leider macht auch das noch keinen mitreißenden Film. Es mangelt an der Regie, an einer zündenden Idee. Die Handlung wird zerlegt in kleine Spannungsbögen, sanft angedeutet und gleich wieder fallen gelassen. So geht es mit der Andeutung masochistischer Selbstzerstörung der Nonnen, mit den Drohungen gegen Hildegard, wegen ihrer Visionen auf dem Scheiterhaufen zu landen, mit dem Konfikt um die Ländereien des Klosters, mit der zerstörerischen Kraft der Sexualität im Kloster, mit der Rebellion gegen den Klosterbau und mit vielen anderen Thema.

Nichts kommt richtig so hoch, dass es den Zuschauer berühren kann. Die Handlung wird immer wieder zerhackt; kaum ist der Konflikt angedeutet, wird er auch schon im Dunst der Zeit verschwunden. Das Drama kann sich nicht nie richtig entfalten, irgendein deus ex machina löst das Problem und wenn es nur der ferne Bischof in Mainz ist. Mehrmals kommt ?fast klischeehaft- die Lösung aller Konflikte in Gestalt des reitenden Boten, das stört die eigene Entwicklung der Charaktere und der Handlung. So entsteht leider nur ein handkoloriertes nettes Bilderbuch. Aber wenn schon ein Artikel über Hildegard von Bingen in Form eines verfilmten Wickipedia Artikels gemacht wurde, warum werden dann ihre großen Leistungen in der Medizin nur angedeutet? Darüber erführe man gerne etwas mehr.

Trotz der vielen Tode der Hildegard im Film hat am Ende keiner das Taschentuch gebraucht, Hildegard reitet weiter in den Sonnenuntergang wie John Wayne und Lucky Luke.

?Irgend etwas fehlt?, meinte eine ältere Frau zu ihrem Mann, als sie aus dem Kinosaal gingen. So ist es, das traf den Nagel auf den Kopf. Aber WAS fehlt? Lange habe ich nachgedacht. Diesem Thema würde ich wünschen, dass das vielgescholtene Hollywood über das Thema ?Hildegard? noch mal drüber gehet, von mir aus auch mit Sex und Crime. Leider ist unser deutsches Kino da nicht konkurrenzfähig, Margarethe von Trotta hat nur einen braven Fernsehfilm geschaffen, den man gut als Fortsetzungsserie in der Vorweihnachtszeit zeigen könnte. Ein bisschen Geschichtsunterricht, gemischt mit Mystik und schönen Bildern. Ein Episodenfilm.

Wahrscheinlich ist Trottas Film sogar sehr detailgenau, heutige Nonnen des Hildegard-Klosters sollen sie ja beraten haben. Aber mit Detailgenauigkeit kann man den Blick auf das Wesentliche bekanntlich bestens verstellen. Das ist wie mit der Übersetzung von Chansons. Die wörtliche Übersetzung ist keineswegs die beste, oftmals werden die Themen und Wortspiele von früher gar nicht mehr verstanden, oder höchstens von gebildeten Oberlehrern. Die große Kunst beim Übersetzen, auch beim Übersetzen großer Persönlichkeiten der Vergangenheit in die Gegenwart, ist die freie Übersetzung, die Übersetzung in der sich der heutige Mensch wiederfindet.

Was also fehlt dem Film? Das große Gefühl. Ein großer Gedanke, eine Handlung, die auf ein Ziel führt. Ein show-down. All das, was großes Kino auszeichnet.

Vicky Cristina Barcelona

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Schönheit muss leiden- Kurzlehrgang zur Kreativität

10.03.2009

Viel Wahres dran, was hier schon zu lesen ist. Ein leichter Sommerfilm, o.k. zwar sehr zugespitzt, aber weinen muss wirklich niemand. Eher schmunzeln.

Europa und Amerika, jaja, ihre Unterschiedlichkeit ist in dem Film vielleicht etwas pointiert, aber wenigstens weiß man dann, warum man (gerne) Europäer ist. Hier in old europe ist offenbar alles etwas chaotischer, erotischer, gefühlsvoller, weniger materialistisch als auf der anderen Seite des Atlantik. Eine gewisse Portion Neid für das "exotische Europa" ist da bei Woody Allen schon rauszuhören. Ist wohl was Wahres dran, wenn man neulich las, dass in Amerika kürzlich ein Ferienflieger öffentlich aneckte, weil er bei Reisewerbung eine Frau am blauen Meer im Bikini zeigte.

Und dass Penelope Cruz mit ihrem trotzigen Babyface und ihren Zickenlaunen den Film eine ganze Klasse hochreißt, stimmt sicher auch.

Aber trotz aller Leichtigkeit des Seins hat der Film doch einen ernsthaften Kern: die Kreativität des Künstlers, wie kommt sie zustande? Die schöne Scarlett Johansson alias Christina wird erst in dem Moment zur wahren (Foto)künstlerin, wo sie in ihrem Liebesleben das Chaos zuläßt und sich recht unkonventionell sowohl mit dem Künstler Juan Antonio (Javier Bardem) als auch mit dessen Freundin Maria Elena (Penélope Cruz) ins Bett legt.

Und Penelope Cruz selbst, das Chaos in Person, schauspielerisch als Psychopatin mit dem Revolver in einer perfekten Rolle, bringt es dann auch als Künstlerin. Das faszinierende Chaos ihrer Bilder, die Dramaktik der Farben, das wilde Spiel von Licht und Schatten wird offenbar nur möglich, weil sie Chaos und Dramatik im eigenen Leben zulässt, ihre Bilderwelten sozusagen "erleidet". Van Gogh läßt grüßen.

Umgekehrt bringt es die brave Vicky (Rebecca Hall) zwar -mit etwas Glück- zu einem intakten Eheleben und einer Rückkehr nach Amerika, aber eben doch nur zu einer spiessigen Architektur des ehelichen Hauses.

Und über allem schwebt ein Hauch der Kreativität von Barcelona, Gaudi mit seiner verrückten Kirche, die nie fertig wird, mit seinen runden Formen, die der Natur nachempfunden sind, Picasso mit seiner Zerstückelung von Form und Farbe, die Kaputtheit des Barrio Gotico, die Unterschiedlichkeit der Tapas und die Launenhaftigkeit der Ramblas. Der Film macht richtig Lust, mal wieder in diese pulsierende Stadt einzutauchen.

Was lernen wir? Schönheit muss leiden. Nicht nur in der Mode, sondern auch in der Kunst.

Ob das wahr ist? wer weiß. Aber jedenfalls steckt in dem "heiteren Sommerfilm" doch ein Kern, über den es sich Nachzudenken lohnt. Wo bitteschön kommt eigentlich Kreativität her? Aus dem Wagnis.

Elegy oder die Kunst zu lieben

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10 Gründe den Film anzusehen

06.09.2008

Das Schönste am Film war: hinterher auf der Männertoilette. Vier gestandene Kerls hingen da vor dem Spiegel rum und putzen sich das Gesicht trocken, der Fünfte erledigte das Naseschnäutzen einhändig beim Pinkeln. Da fiel es mir nicht schwer, eines dieser hässlichen grauen Papiertaschentücher aus den Handtuchspender zu ziehen und mir auch mal die Feuchtigkeit um die Augen zu beseitigen. Das war einer dieser raren Momente echter Männersolidarität, den nur die anonyme Herrentoilette einer Großstadt erlaubt.

Das zweite Schöne war, dass nach dem Kino draußen schönes Wetter war. Im Film hatte es immer nur geregnet. Nicht einfach so, sondern in Strömen. Und in Cape Cod war immer Nebel und Nieselregen. War das ein Zufall, weil der Film gerade im Monsun gedreht wurde, oder wollte uns das was sagen? Ich glaube letzteres. Alles ist im Fluss, draußen regnet es, wir haben in dieser Welt und ihrem unsteten Leben keine Bleibe, Beziehungen sind ständig in Gefahr aufzuweichen wie Schuhe im Regen, der Regen strömt und die Tränen fließen. Zu Venedig gehört schließlich auch stilecht Nebel und nicht Sonnenschein, das ist Romantik. Aber wenn Amerika so verregnet ist, fährt man doch nicht nach New York und spart ne Menge Geld. Das ist eigentlich schon der dritte Grund, in den Film zu gehen.

Das vierte Schöne am Film war, dass Penelope Cruz eigentlich gar nicht schön ist. Sie sah vielmehr im Film aus wie das kleine Mädchen von Nebenan, das jeder kennt. Kein Abziehbild, das finde ich sehr sympathisch. Stars sind eben auch nur Menschen, selbst wenn sich anders sehen. Im Film wandelte sie sich mehrmals vom Glamourstar zu verschnieften pickligen Rotzgöre; es tat gut zu sehen, dass in uns allen eben beides drinsteckt.

Das fünfte Schöne war, dass der Film den blöden Satz von den unwiderruflichen Chancen außer Kraft setzte. Hatten die Protagonisten zwar die Chance ihres Lebens zu Liebe verpasst, scheinbar endgültig, so fielen sie sich dann später erneut in die Arme. Man sieht sich eben doch immer zweimal im Leben. Und das Blatt kann sich wenden. Wer eben noch alt und perspektivlos ist, wird der Dynamischere, wer jung und lebenshungrig ist, kann morgen schon auf der Intensivstation die Stunden zählen. Oder wie sagt die Werbung: ?Geht nicht, gibt´s nicht?. Das war doch sehr tröstlich. So war den Hauptfiguren des Films und damit auch dem Zuschauer eine echte Katharsis gegönnt. Danke.

Der sechste Grund, den Film schön zu finden, war, das man von Hektik und Aktion verschont blieb. Er schwelgte statt dessen in ruhigen Bildern. Regentropfen rollten auf der Fensterscheibe, die Kamera kraulte sich liebevoll durch das graue Brustfell des alternden Silberrückens Ben Kingsley. Die schönste Szene war, wie die Finger des Protagonisten über die Tasten des Klaviers fuhren. Schwarz und weiß, schwarz und weiß, Schönheit ist einfach, ruhig und symetrisch.

Sehr reizvoll war auch die Idee der Hauptdarstellerin, sich in voller Jugend und Nacktheit fotografieren zu lassen, bevor Alter und Krankheit zuschlagen. Zwar hat wohl jeder diesen Gedanken schon gehabt und viele haben ihn realisiert, aber nur selten wurde es so schön und stimmig gezeigt. Unsere Medienprofessoren würden sagen: ein Medium schäktert mit dem anderen, der Film zwinkert der Fotografie zu. Und das dann auch noch mit der Schwarz-Weiß-Fotografie, mit einer alten Hasselblad, keine Digitalkamera, das war echt Nostaligie. Spätestens da war klar, dass Ben Kingsley alias David Kepesh wirklich ein Dinosaurier ist, der sich nur zufällig in die Zeit der schönen Studentin geschleppt hatte. Sehr überzeugend, der siebte Grund den Film zu sehen.

Der achte war die ironische Heiterkeit, mit der die Beziehungsunfähigkeit des modernen Großstädters beleuchtet wurde. Das haben wir zwar woanders auch schon gesehen, aber hier kam es besonders frisch rüber. Am stabilsten sind am Ende noch die Beziehungen, bei denen sich ohne jeden Anspruch alles nur auf der Bettkante abspielt. Jeder sorgt sich, nicht zu viel von sich preis zu geben, sich nicht zu abhängig zu machen, es ist nie die richtige Zeit zum Kinder kriegen und Verantwortung übernehmen. Endgültige Aussagen werden nie gegeben, bis das Leben selbst sehr elementare Antworten verlangt. Das war schon sehr lehrreich und wahrhaftig.

Am Rande werden auch die Beziehungen von Eltern und Kindern behandelt.Selbst die moralinsauren Kinder, die alles besser machen wollen als ihre hedonistischen Alt-68iger-Eltern, verheddern sich schließlich in den undurchsichtigen Mächten der Gefühle und Beziehungsgeflechten, bis sie nicht mehr ein noch aus wissen. Am Ende gibt es doch ein Augenzwinkern über den Generationengraben.

Der neunte Grund, den Film zu mögen, ist, dass auf ein echt kitschiges Happy End verzichtet wurde. Der alte Herr hat zwar was über die Macht der Gefühle gelernt und über die Umkehrbarkeit der Zeit, aber trotz allem, so richtig festlegen tut er sich ja immer noch nicht. Auf die unausgesprochene Frage, ob er bei seiner nunmehr brustlosen Freundin bleiben wird, antwortet er nur, ?ich bin ja da?. Schon wahr, aber wo ist er morgen, das bleibt offen. Es wird nicht mehr versprochen, als Mensch sicher halten kann, das ist wenigstens ehrlich.

Ach ja, noch der zehnte Grund. Hinterher, im Auto, dachte ich: Was ein Frauenfilm. Schon der Name ?Elegy? spricht da ja Bände. Der ganz große Erfolg wird der Film wohl nicht werden, weil überwiegend nur die weibliche Hälfte der Menschheit reingeht. Ein Film für Frauen also. Derart hat man auch eine Schublade für den Film und das tut immer gut. Männer sind so viel Gefühle im Film nicht gewohnt, wie die Herrentoilette bewies. Siehe oben. Aber man kann ja mal bei den Frauen spionieren. Und da spionieren Spass macht, ist das sogar ein Geheimtip für Männer.

Drachenläufer

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gerüttelt volle Zeitreise

21.03.2008

Zwei Welten und vier Zeiten umfasst dieser Film: Das "alte" Afghanistan unter dem König, wo scheinbar jeder nach seiner Facon glücklich werden konnte, den arroganten kommunistischen Umsturz, die grausam verlogene Zeit der Taliban und die zwiespältige Welt des Exils im geschützten Amerika. Jede dieser Welten und Zeiten wird entwickelt, darum die Überlänge.

Normalerweise ist ein Film mit einem solchen Kaleidoskop der Themen überfordert, aber hier macht es einen Sinn. Ein wenig anstrengend ist es freilich schon. Am bedrückendsten fand ich nicht die offenen Gewaltszenen (Steinigung) sondern die gespenstische Stille bei der Einfahrt in die von Fanatikern beherrschte Stadt, denen jede vitale Lebensäußerung zuwider ist. Dafür brillieren die Drachenflugszenen mit großer ästhetischer Schönheit.

Zur politischen Auseinandersetzung taugt der Film nur bedingt. Die, die er eigentlich ansprechen sollte, die Afghanen, erreicht er ohnehin nicht. Sogar im "verbündeten" Karsai-Afghanistan ist er verboten - wegen einiger Andeutungen von Homosexualität. Das spricht ja wohl Bände. Das zeigt exemplarisch, wie gebrochen Afghanistan ist. Wie der Film: ein Volk, aber es lebt in verschiedenen Zeiten und Welten. Zum ganz großen Kino fehlt dem Film der Mut, auf das etwas gekünstelte Happy End zu verzichten, das dieses arme Land ja auch nicht findet. Insgesamt immerhin: vier Sterne.

I'm not there

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Psychodelic Dada

20.03.2008

Erst mal vorweg: Dies ist ein ganz schlechter Film. Wirr, langweilig, sinnlos. Niemand würde ihm eine Träne nachweinen, wenn es ihn nicht gäbe. Die Überlängen lassen auch den einschlafen, der gutwillig ist. Der Cutter ist wohl selbst eingenickt und hat die abgedrehten Filmszenen ohne Sinn und Verstand so zusmmmengeschnitten, wie sie zufällig mit der Post eingingen.

Man denkt lange Zeit, man ist noch im Vorfilm, aber da ist man dann falsch gewickelt. Oft bleibt unklar, wessen Geschichte eigentlich erzählt wird, die von Woody Guthrie, die von Pete Seegers oder die von Bob Dylan. Die einzelnen Geschichten passen nicht zueinander, man weiß nie, welche gerade gezeigt wird. Das ist mehr als eine gespaltene Persönlichkeit, die da gezeigt wird, das ist schlicht zusammenhangslos und jede Sequenz gibt nicht mal in sich einen Sinn. Was da läuft, ist einfach handwerklich schlecht gemacht.

Aber immerhin ist es ein sehr schöner schlechter Film. Kate Blanchett spielt den zynischen Poeten, der keine Ordnung in sein Leben kriegt und es leid ist, das jeder Scheiß aus seinem Mund zur Weißheit vergoldet wird. Der das Rad von Suff, Drugs und Zigaretten immer schneller dreht, der Gefühle und Liebe nicht mehr empfinden kann. Kate IST Dylan, nein, sie ist besser als er selbst. Das Grundproblem des Weltverbesserers, der nichts verändert, des Poeten, den keiner versteht, des Bohemien, der die Achtung vor sich selbst verliert, das alles hat sie wunderbar gespielt.

Und die Zeit der Sechziger ist subtil eingefangen und destilliert: die Parties, die Mode, die sinnentleerte Rebellion der arroganten Weltverbesserer, die Äußerlichkeiten der Protestallüren, die über den Bildschirm flimmernden Bomben, Unruhen und Attentate, die man mit Drogen und plakativer Selbstbeweihräucherung bekämpfte. Dieses Gefühl der Sinnlosigkeit und des Zerhackens der Realität, wie sie schon die Dadabewegung nach dem ersten Weltkrieg wahrnahm und zelebrierte, das alles wird perfekt gespiegelt. In einer Szene mit Richard Gere ersteht sogar Sergeant Peppers Heart Club Band wieder zu neuem Leben auf. Kurz und gut kommt das Motto der damaligen Zeit rüber: Das Leben ist ein buntes Spiel und ein Sinn ist nicht zu erkennen. Heute dagegen leben wir den bitteren und trüben Ernst des Lebens und suchen dafür mühsam einen Sinn, das ist der Unterschied. Als einer der schon damals lebte, muß ich zugeben, die Stimmung jener Zeit ist sehr gut eingefangen. "Supeeerb" hätte mal damals gesagt.

Zwei gute Sprüche gibt es auch im Film."Das Dumme an der Vergangenheit ist, das man nicht weiß, was daraus noch alles wird" und "Ich akzeptiere das Chaos, aber ich weiß nicht, ob das Chaos mich akzepitiert". Das muss ich mir merken.

So gab es manche Gedanken von einiger Brillianz, die im Chaos des Films leider versanken,aber der Bergungsarbeiten bedürften, um sie zu heben. Alles in Allem gab es also doch manches Gute im Film; wenn man ihn auf die Hälfte der Zeit schneiden und die Szenen neu ordnen würde, könnte sogar ein ganz passabeler Film draus werden. So war es leider nur eine Mischung aus Dada und Psychodelic. Wenn es einen Oskar für den schönsten schlechten Film gäbe, würde ich "I´m not there" sofort nominieren.

Unsere Erde - Der Film

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Kein Splatter

18.03.2008

Schöne Bilder der Erde - fürwahr. Zum Teil auch witzig geschnitten. Heiterkeit und Überraschung kommen gelegentlich auf, was für einen Tierfilm ohne einen einzigen menschlichen Schauspieler schon überraschend ist. Darüber hinaus vermittelt der Film auch tiefere philosophische Einsichten. Zum Beispiel, dass auch Raubtiere ein Problem haben:Ihnen fehlt einfach eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung. Einmal aufgerutscht, ein Bein gebrochen, oder einmal mit dem spitzen Horn des Opfers kollidiert, schon hat das Raubtier einen irreversiblen Karriereknick. Der schlimmstenfalls tödlich endet, wie bei dem armen Eisbären, der neben den fetten Robben verhungert.

Die Robben zeigen übrigens auch, was den Opfern der Raubtiere am meisten fehlt: eine Gewerkschaft. Der Eisbär wurde nämlich von dem zweiten Walross mit den Eckzähnen behandelt, während er dem ersten an die Gurgel ging. Warum lassen sich die auf dem Speiseplan der Carnivoren stehenden Opfertiere sonst eigentlich einzel und ängstlich auffressen, statt sich kollektiv zur Wehr zu setzen? Warum greifen sie eigentlich nicht zur kollektiven Selbstverteidigung, obwohl doch die Raubtiere eine erkennbare Schwachstelle haben!? Siehe oben.

Wenigstens werden einem diese Fragen schonend beigebracht, ohne das allzuviel Blut fließt. Immer da, wo in der tierischen Realität der oft recht blutige Splatter anfängt, blendet die Kamera aus. So ist der Film immerhin schnell von Hollywood Produktionen zu unterscheiden. Und Alastair Fothergill (Regisseur und Produzent) ist seine Herkunft aus der Naturkunde-Abteilung der BBC schon anzumerken, positiv wie negativ. Wenn er die Tiere zeigt, warum zensiert er Sie? Warum zeigt er nicht, wie grausam die Natur ist? Warum fließt beim weißen Hai kein Blut? Warum wird nicht erwähnt, dass die lieben Eisbären mit Vorliebe Kamaraleute fressen? Warum kommt im Film nicht vor, wie blutrünstig Wölfe eine Schaftsherde zerfleischen oder wie gemein Löwen die den Nachwuchs anderer Löwen zerbeißen? Bekanntlich kommen in der Natur ja Massaker vor, die jeden Kettensägen-Film in den Schatten stellen. Warum wird hier diese dunkle Seite der Natur ausgeblendet? Mein Verdacht: Weil dies alles nicht in einen Werbefilm für Umweltspenden passt.

In den letzten fünf Minuten läßt der Film die Katze aus dem Sack und da wird er doch aufdringlich agitatorisch. So stellt er im Abspann die Frage, ob der Mensch die Erde nicht so stark verändert, dass in ein paar Jahren all diese schönen Bilder von Eisbären und Wüstenelefanten unmöglich sein werden? Sicher, all diese Tiere leiden unter der Erderwärmung und anderen menschlichen Abscheulichkeiten. Aber "wat dem einen sin Uhl is dem andern sin Nachtigall". Können wir eigentlich immer nur von den Verlierern der Erderwärmung sprechen, statt auch mal die Gewinner ins Auge zu nehmen? Wäre es nicht zu erwähnen, dass die aufgehitzte Erde der Verbreitung der Leuchtquallen, Würfelquallen und Seewespen ausgesprochen förderlich ist!? Und dass viele Mückenarten, wie z.B. die Malariamücke ihre lieben Kinderlein jetzt auch im hohen Norden großziehen können!? Der eine kommt, der andere geht. War das nicht eigentlich immer so? Ist das nicht der Gang der Evolution seit dem Perm, also seit vielen Millionen Jahren? Das größte Massensterben der Erdgeschichte, dem 90% der Tierarten zum Opfer fielen, fand immerhin schon vor rund 250 Mio. Jahren und ganz ohne menschliche Beihilfe statt.

Aus solchen Katastrophen erwuchsen aber auch neue Chancen; heute etwa nicht? Wenn jetzt das Zeitalter der Mücken und Quallen käme, wer dürfte sich beklagen? Immerhin waren auch die Säugetiere aus Sicht der Dinosaurier nichts als kleine Ratten, die nutzlos zwischen ihren Füßen rumwimmelten und gemeinerweise ihre Eier annagten. Unsere Sicht auf die Mücken dürfte kaum vorteilhafter sein.

Wenn in "Unsere Erde" dieses Problem ausgeblendet und Realsplatter konsequent vermieden wird, drängt sich dann doch die Frage auf, ob die Erde hier nicht einfach schön verkitscht wird. Sieht diese Art von "Erdschutzbewegung" nicht die ganze Flora und Fauna nur als ausgefeiltes Szenario, um den Homo Sapiens zu erfreuen und ihm als grandiose Bühne zu dienen? Was wäre, wenn die Erde auch nach uns und ohne uns zurechtkommt, nur eben anders?

Immerhin gibt der Film Anlass, über all das mal nachzudenken.

Liebesleben

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Das Buch zum Film

06.11.2007

In diesem Fall schreibe ich schon mal, bevor ich den Film ansehe. Wenn der Film genau so provokant und (für manche: lust- für andere ekel-)erregend ist, wie das Buch, wird es ein Film sein, der zum Fundus erotischer Filme gehört.

Ich erinnere mich noch gut an die tagelange Verstörtheit, als ich das Buch las. Nach den ersten 30 Seiten wollte ich es gelangweilt weglegen, nach 60 Seiten voll Verachtung an die Wand werfen und nach 100 Seiten schließlich kam ich ins Grübeln und Philosophieren, über mich und andere, über Macht- und Ohnmacht, Ausgeliefertsein, Lust und Selbstzerstörung, halt über sehr vieles. Und dann konnte ich es bis zur letzten Seite nicht weglegen. Reizvoll war für mich auch, dass die Geschichte in Israel spielte. Aufgrund der ganzen Last unserer Geschichte konnte ich mir Israel irgendwie nicht als Ort von Lust oder gar einer SM-Geschichte vorstellen. Aber man lernt dazu...

Kurze Schilderung des Buches:

Eine junge Dozentin begegnet einem alten Mann, der eher unsympathisch, tyrannisch, rücksichtslos und unzuverlässig ist. Er schlägt sie demütigt sie, gibt sie seinen Freunden preis, bearbeitet sie wie ein Stück Dreck oder Vieh. Sie liebt ihn nicht, aber das Feuer des Begehrens, das wilde Verlangen, gedemütigt und benutzt zu werden, macht sie rasend, sie gerät in einen obsessiven Zustand, wo sie ihr ganzes wohlbehütetes Leben (Ehe und Karriere) in die Tonne kloppt. Am Ende stellt sich das Buch auch noch als Krimi heraus und man erfährt, warum dieser Mann eine derartige Macht über die junge Frau gewinnen konnte. Er ist ein Teil von ihr, ihren roots. Die Schilderung des Sexuallebens ist hart und manchmal auch brutal, steht aber nicht alleine im Zentrum des Buches.Nur der Titel "Liebesleben" ist irreführend. Mit Liebe hat der Plot wenig oder nichts zu tun, höchstens in der Negativabgrenzung.Wer eine Liebesgeschichte a la Rosamunde Pilcher erwartet, wird bitter enttäuscht sein. Aber vielleicht ist das der ironische Sinn des Titels.

Man kann das Buch hassen oder lieben, aber unberührt lässt es einen in keinem Fall.

Wer am Film interessiert ist, sollte sich schon mal das Buch beschaffen und lesen. Ich hoffe nur, er ist nicht zu glatt geschliffen für das breite Publikum.Lets see.

Gefahr und Begierde

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Makrokosmos frisst Mikrokosmos

21.10.2007

Gefahr und Begierde...
welch verheißungsvoller Titel. Und dann noch dazu von dem Regisseur, der auch Brokeback Mountain geschaffen hat.

Der Film führt uns zuerst in einen Makrokosmos. Es ist die untergegangene Welt des bürgerlichen Chinas, mitten im zweiten Weltkrieg. Es ist das China, das in diesen Tagen vorsichtig wieder aufersteht. Doch es blutet, wie der Film zeigt, aus vielen Wunden. Die Japaner, die Kommunisten, die Kuomintang und die Kollaborationsregierung, alle reißen sich große Fleischstücke aus dem zuckenden Land. Überleben wird zur Glücksache. Wer irgendwie zwischen die Fronten gerät, liegt schnell tot auf der Straße.Die Bedrohung ist allgegenwärtig, die Blicke der Menschen tasten sich voll Mißtrauen ab, sind unsteht und flackernd. Immer auf der Hut und voll Misstrauen. Zu diesem Makrokosmos gehört eine kleine Gruppe von Menschen, sechs Studenten die einen naiven Patriotismus pflegen und darüber bald zum Mörder werden. Bis hierhin erinnert es an die Geschichte der Bader-Meinhof-Gruppe und blindwütiger Selbstmordattentäter, die aus einer Mischung aus Idealismus, Selbstüberschätzung und Gruppenzwang zum Terroristen werden.

Nun aber entfaltet sich der Mikrokosmos zwischen zwei Menschen. Eine der Studentinen, die unerfahre Wang, hat den Auftrag, sich an den verhassten Polizeischergen und Kollaborateur Yi heranzumachen, seine Geliebte zu werden, um so seine Ermordung zu ermöglichen. Es funktioniert; die Protagonisten schlüpft in die Rolle der schönen Händlerin Frau Mai, zwischen ihr und Yi zündet das Feuer. Aber nun kommt es anders als alle denken. Die Partei, die bekanntlich immer recht hat(in diesem Fall die Kuomintang), befiehlt und Frau Mai muss länger in ihrer Rolle bleiben, als ihr gut tut. Die Partei weigert sich, das geplante Attentat schnell durchzuführen, will lieber eine Spionin im Hause Yi behalten. Yi erweist sich als zwar brutaler aber faszinierender Liebhaber, der den Gentleman nur spielt, aber doch ein Leben hinter der Maske hat. Nach seinen Tagen im Folterkeller spürt er erst dann wieder das Leben in sich, wenn er seine Geliebte hart behandelt, schlägt, entwürdigt, würgt oder sonstwie zum Weinen bringt. Das "Schlimme" für die Protagonistin ist, dass sie zunehmend Gefallen an dem harten Spiel findet; es ist ein Gefallen, der ihr später das Leben kostet.

Ihre Beziehung hat viele Elemente einer BDSM Beziehung, sie liebt und sie haßt ihn. Ihr Parteiauftrag wird für sie immer mehr zum Vorwand, sich weiter auf das gefährliche Spiel einzulasssen. Sie unterwirft sich, wartet auf den Geliebten, ja sie giert nach seinem harten Sex. Der Film zeigt ihn ein paarmal recht offen, aber eigentlich nicht pornografisch. Das Unheil ist immer zu nah. Am Ende glaubt sie an seine Liebe, was sich erst recht als verhängnisvoller Fehler erweist. Aber auch ihr Herr Yi zeigt für Sekunden Schwäche und gerät ist Gefahr, Opfer seiner Obsession zu werden. Sein Sekretär lauert schon auf seine Stelle. Macht und Ohnmacht, Lust, Gier, tierische Leidenschaft und Gewalt, alles verschmilzt zu einem dramatischen Finale. Da es traurig ist, dürfen gerne Taschentücher bereitgelegt werden. Der Makrokosmos frißt den Mikrokosmos.

Ganz nebenbei erfährt man noch, dass Marilyn Monroes Lied "Diamonds are the girls best friends" die Unwahrheit sagt. Diamanten sind keineswegs die besten Freunde der Mädchen; sag ich ja immer schon...Mit ihrem verräterischen Glitzern are they the ruin of many a poor girl, and God knows, the poors misses Wang is one.

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